>> Blausteiner Nachrichten Nr. 42 <<
21.10.2016

„Goldener Reis“

Seit über zwanzig Jahren gibt es aufwendige Bemühungen, auf gentechnischem Weg eine Reissorte mit erhöhtem Betacarotin-Gehalt zu entwickeln, welcher dem Reis eine goldgelbe Färbung („Golden Rice“) verleiht. Im menschlichen Stoffwechsel wird Betacarotin dann zu Vitamin A umgewandelt. Damit soll ein wichtiger Beitrag gegen den Hunger und den enorm gesundheitsschädlichen Vitamin-A-Mangel in den großen armen Bevölkerungsgruppen besonders in Südostasien geleistet werden, wo eine sehr einseitige Ernährung mit Reis vorherrscht.

Das Projekt als Ganzes und Einzelheiten seiner Entwicklungsschritte entfachten bald heftige Kontroversen zwischen seinen Entwicklern und Verfechtern einerseits und andererseits Kritikern der Agrogentechnik im Hinblick auf ihr immenses Schadpotenzial, hier besonders für die Nahrungssouveränität der lokalen Bevölkerung und die Biodiversität, die ja entscheidend ist für die Ernährungssicherheit künftiger Generationen.
Einen maßlosen Höhepunkt erreichte der Streit kürzlich mit einem offenen Brief von 100 Wissenschaftlern verschiedener Fachrichtungen, in dem die Gentechnik-Kritik am Goldenen Reis als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ eingestuft wird.

Dagegen kommt eine unabhängige aktuelle Studie zu dem Ergebnis, dass dieses gv-Produkt auch nach 24 Jahren Forschung in mehrerlei Hinsicht noch immer nicht anbautauglich ist: z. B. ist der Ertrag zu niedrig und das Betacarotin im Reis ist nicht ausreichend lagerstabil. Bisher scheitert die Einführung von Goldenem Reis also keineswegs an seinen Kritikern, sondern das Produkt selbst kann vorerst die Versprechungen seiner Entwickler nicht erfüllen.

Prof. P.-H. GOUYON, ein namhafter französischer Agrarökologe geht weiter. Statt den Anbau von Goldenem Reis durchzusetzen, hielte er es für weitaus intelligenter und gesünder, den zusätzlichen Anbau und Verzehr z. B. von Auberginen zu fördern und die Bevölkerung auf diese Weise über Vitamin A hinaus noch mit vielen weiteren wertvollen Mikronährstoffen zu versorgen.

GOUYON sieht den Goldenen Reis in einem noch grundsätzlicheren Zusammenhang: Die Manipulation von ein paar Genen löst nicht das Hunger-Problem. Der gegenwarts-typische „Hightech-Aufwand auf den Feldern“ ist nach seiner Einsicht insgesamt ein verfehltes Konzept. Die vorherrschende Technologie-Hörigkeit verstellt den Wissenschaftlern enorm den Blick. Gentechnik steigert nicht die Produktivität der Pflanzen, sondern verringert nur den Arbeitsaufwand Je weniger Menschen auf den Feldern arbeiten umso mehr leiden global an Armut und Hunger. Statt Monokulturen wären sehr viel intelligentere, ausgeklügelte intensive Öko-Landwirtschafts-Systeme gefordert, die um vieles zukunftsträchtiger für die Hungernden und Arbeitslosen dieser Welt sind; mit Mischkulturen, Fruchtwechsel, Sortenvielfalt, mehr Diversität in jeder Hinsicht. Es gibt durchaus Beispiele dafür wie eine solche gute Landwirtschaft bei hohem Flächenertrag abwechslungsreiche, gesunde Nahrung hervorbringt. Doch ihre Verfechter haben nicht das Geld und die Macht, um ausreichenden Einfluss auf die Entscheidungsträger zu nehmen.

Näheres zum Goldenen Reis unter
Pfeilde.wikipedia.org/wiki/Goldener_Reis

Eine umfassende, sehr aufschlussreiche Dokumentation zum gegenwärtigen Stand der Agrogentechnik mit Pro und Contra wurde am Di 11.10.2016 auf arte gesendet und ist in der Mediathek abzurufen:
Pfeilwww.arte.tv/guide/de/057483-000-A/vorsicht-gentechnik?country=DE

Dazu auch ein einschlägiges Interview mit Prof. GOUYON:
Pfeil www.arte.tv/guide/de/070198-001-A/gesprach-mit-pierre-henri-gouyon?country=DE


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