>> Blausteiner Nachrichten Nr. 32 <<
11.8.2017

Patentverbote für konventionelle Züchtungen verschärft – oder doch nicht?

Nach dem Grundgedanken für Patente sollen diese für die Dauer ihrer Gültigkeit einem Erfinder die Möglichkeit garantieren, den vollen wirtschaftlichen Nutzen aus seiner Erfindung zu erzielen. Für den Patentschutz wurde dabei seit jeher eine angemessene „Erfindungshöhe“ gefordert, die in der Vergangenheit gelegentlich erstaunlich hoch angesetzt wurde (So wurde Konrad Zuse in den 1940ern für den ersten von ihm entwickelten, hoch innovativen Computer der Patentschutz wegen vermeintlich nicht ausreichender Erfindungshöhe verweigert). Lediglich Vorgefundenes, Entdecktes ist demnach nicht patentfähig!

In Übereinstimmung damit dürfen nach dem Wortlaut der europäischen Patentgesetze Pflanzen und Tiere, die aus „im Wesentlichen biologischen Verfahren“- das heißt aus einer Züchtung ohne Gentechnik - stammen, nicht patentiert werden. Dessen ungeachtet und gegen z. T. energischen langjährigen Protest der Zivilgesellschaft hat das Europäische Patentamt (EPA) in der jüngeren Vergangenheit bereits knapp 200 Patente auf Pflanzen erteilt, die lediglich aus Kreuzung und Selektion oder anderen zufälligen Kombinationen von Erbgut entstanden sind.

Nun haben kürzlich die 38 Vertragsstaaten des EPA in gemeinsamer Sitzung beschlossen, die Patentverbote im Bereich der Pflanzen- und Tierzucht zu verschärfen. Pflanzen und Tiere, die unmittelbar aus Kreuzung und Selektion hervorgehen, sollen nicht patentiert werden. Zugleich aber wurden die Hintertüren weit offen gelassen, durch welche die Verbote weitgehend umgangen werden können und ins Leere laufen. Denn: Genetische Veranlagungen selbst, die lediglich vorgefunden (nicht etwa nur solche, die gentechnisch eingeführt wurden) und in ihrer Wirkung erkannt wurden, will das EPA weiterhin patentieren; damit werden insbesondere Pflanzen und Tiere, deren Züchtung auf zufälligen, vorgefundenen Mutationen beruht (was für einen Großteil der Züchtungsarbeit gilt), ausdrücklich
als patentierbare „Erfindung“ definiert. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, umfassen diese Patente dann
sämtliche Individuen der betreffenden Pflanzen oder Tiere mit der fraglichen Erbeigenschaft, unabhängig davon ob sie aus Züchtung hervorgegangen sind, oder einfach nur so in der Natur (oder im Bestand eines Landwirts) vorkommen. Damit nicht genug: die Patente sollen auch den Verarbeitungsvorgang und die damit hergestellten Produkte umfassen können.

Derartige Monopolpatente nutzen vorwiegend den großen Konzernen. Bisher sind alle konventionell gezüchteten Sorten für weitere Züchtung frei verfügbar, was sowohl für die Innovation in der Züchtung wie auch für die Erhaltung der biologischen Vielfalt extrem wichtig ist. Werden sie patentiert, können sie von anderen Züchtern nicht mehr oder nur noch gegen Lizenzgebühren genutzt werden. Mittelständische Züchter werden so aus dem Markt gedrängt oder verlieren ihre Eigenständigkeit. Wie sie geraten auch Landwirte und VerbraucherInnen in immer größere Abhängigkeit von Konzernen, deren zwei führende zusammen bereits jetzt mehr als ein Viertel des weltweiten Saatgutmarktes kontrollieren.

Quelle:

Pfeil www.no-patents-on-seeds.org; PM 29.6.2017


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